FinoX – die Stipendiaten des KickStart Stipendiums im Interview

Interview FinoX

Mit dem Projekt FinoX konnte das Team bestehend aus David Rieck, Lars Muth und Ingo Weinmann im Rahmen des KickStart@FH-Programms überzeugen und erhalten für ihre innovative Gründungsidee Unterstützungsleistungen bis zu 7.500 Euro. In diesem Interview erzählen sie von ihrer Idee, wie sie darauf gekommen sind und was sie von der Konkurrenz unterscheidet.

Julian Niedling und David Rieck

Hallo lieber David, erstmal Herzlichen Glückwunsch an dich und das gesamte Team rund um FinoX zum Gewinn des KickStart Stipendiums. 

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Projekt FinoX?

Infolge des globalen Klimawandels ist es insbesondere in Brandenburg und Sachsen vermehrt zu verheerenden Waldbränden gekommen. Nicht nur dort werden unbemannte Luftfahrtsysteme zur Lageaufklärung und -beobachtung verwendet. Das Potenzial dieser Fluggeräte bei der einsatztaktischen Einbindung wird nicht voll ausgeschöpft. 

FinoX ist der Arbeitstitel für ein Starrflügel-UAV (Unmanned Aerial Vehicle), welches für die Lageaufklärung bei Großschadensereignissen wie großflächigen Vegetationsbränden oder Hochwasserereignissen entworfen wird.

Es wird ein einfach zu handhabender unbemannter Starrflügler entwickelt, der bei der Lageaufklärung über weite Strecken und längere Zeiträume eingesetzt werden kann. Der Flieger wird durch innovative Lösungen im Bereich der Funkreichweitenmaximierung sowie der Luftraumdarstellung und -überwachung ergänzt. Im Ergebnis bieten wir ein System, welches als Gesamtpaket bei Großschadenslagen eine effektive Luftaufklärung liefert und so nicht zuletzt zur Sicherheit der Einsatzkräfte beitragen kann. 

Könnt ihr euch noch an den Moment erinnern, als ihr auf
die Idee gekommen seid oder war das ein schleichender Prozess? 

Wir haben im Oktober 2022 auf der Messe FLORIAN (Fachmesse für Feuerwehr und Zivil) in Dresden zusammen mit Projektpartnern das Forschungsprojekt ALADIN präsentiert. Inspiriert von Gesprächen mit Anwendern und Entwicklern haben wir am Abend bei der Nachbesprechung des Tages in gemütlicher Runde die Idee einer Unternehmensgründung entwickelt.

 

Nebenbei ein Startup aufzubauen, welches ein Produkt herstellen möchte mit einer solch hohen Komplexität hört sich für uns sehr Zeitaufwändig an. Wie lange arbeitet ihr also bereits daran? 

An dem Themenbereich der Lageaufklärung mit unbemannten Systemen arbeiten wir als Wissenschaftler im Fachgebiet Luftfahrttechnik der Technischen Hochschule Wildau schon seit ca. drei Jahren. In unserem Alltag als Forscher mit hohem Anwendungsbezug entwickeln wir Systeme für Grenzbereiche, FinoX ist der Versuch die wesentlichen Erkenntnisse unserer Arbeit in ein nutzbares Produkt umzuwandeln.

 

Was unterscheidet euch von den aktuell eingesetzten Aufklärungssystemen, welche zur Bekämpfung von Waldbränden verwendet werden? Was macht euer System besser?

 

In den letzten Jahren haben sich zu Aufklärungszwecken Multicopter-Systeme auch bei den Einsatzkräften im Katastrophenschutz und den Feuerwehren etabliert. Wir wollen diese Systeme mit FinoX nicht ersetzen, sondern entscheidend ergänzen. Multicopter eignen sich hervorragend für die Detailaufklärung und in gewissen Grenzen auch für größere Einsatzgebiete. Ab einer gewissen Größe der Einsatzlage zeigen sich aber Restriktionen der herkömmlichen Drehflügelsysteme.
Dazu gehören die begrenzte Reichweite bzw. Flugdauer. Dadurch gerät die Gesamtlage etwas außer Blick. Unser Starrflügelsystem hat eine sehr lange Flugzeit (>2 h) und kann die Areale kontinuierlich befliegen. Somit ist es möglich eine Lageentwicklung zu dokumentieren.

Beschreibt für die Leser doch bitte einmal den aktuellen Stand eurer Umsetzungen.

Wir haben in den letzten Monaten einen Funktionsprototypen aus mehr oder weniger vorhandenem Material aufgebaut um unsere Annahmen bzgl. Materialien, Massen und Funktionsweisen der einzelnen Systeme zu überprüfen. Die bisherigen Tests sind sehr gut verlaufen und geben uns den Antrieb weiter zu machen. Unbemannte Luftfahrtsysteme werden bereits im Rettungswesen und im Katastrophenschutz eingesetzt. Die hier vorgestellte Idee soll eine modulare kommerzielle Lösung für konkrete einsatztaktische Problemstellungen bieten. 

Nahezu alle unbemannten Systeme die im Feuerwehr-Kontext eingesetzt werden, sind Copter mit begrenzter (Funk-)Reichweite und kurzen Flugzeiten. Die von den Systemen gewonnenen Informationen werden nur dem Piloten angezeigt, nicht aber der Einsatzleitung. Unsere Lösung beruht auf einem einfach aufgebauten Starrflügler mit einer langen Flugzeit und einer Live-Video Übertragung in die Einsatzleitung. Zusätzlich haben wir ein System entwickelt, welches es ermöglicht alle einsatzbezogenen Drohnen in der Einsatzleitung sichtbar zu machen.

Ähnliche Systeme sind bisher nicht für den Einsatz bei Rettungskräften verfügbar.

 

Jetzt arbeitet ihr bereits ein wenig länger an eurem Projekt. Neben den technischen Arbeiten an eurem Prototypen habt ihr euch zusätzlich mit der Gründung eines Startups beschäftigt. Wurde dabei zufällig eine Einrichtung von startINN genutzt?

 

Als Mitarbeiter der TH Wildau kennen wir natürlich das Team des Vinn:Labs und die entsprechenden Möglichkeiten vor Ort. Für unsere Arbeiten während der Förderphase des KickStart-Stipendiums planen wir fest mit den Maschinen und Anlagen des Vinn:Labs und haben uns natürlich auch schon die ein oder andere spannende Veranstaltung im Kalender notiert. Dabei nutzen wir vor allem die Kapazitäten von Maschinen wie bspw. CNC-Fräse und 3D-Druckern, einen Arbeitsplatz mit entsprechender Ausstattung, sowie einzelne Hardware-Komponenten, die sich im Opp:Lab und Vinn:Lab der Hochschule befinden.

 

Wir sind Anfang des Jahres an Marko (Startup-Guide) herangetreten und hatten Fragen zu den Fördermöglichkeiten an der TH Wildau für unser Projekt. Wir waren sofort auf einer Wellenlänge und fühlen uns super beraten und unterstützt.

Was habt ihr mit dem Stipendium vor? Wie habt ihr es bereits eingesetzt? 

Zu Beginn wurde aus privaten Mitteln ein erster einfacher Funktions-Prototyp erstellt. Mit der Förderung soll dieses Funktionsmodell zu einem robusten ersten Einsatzprototypen weiterentwickelt und in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr erprobt und validiert werden. Darüber hinaus wird er die Grundlage für eine anschließende Produktentwicklung sein.

 

Das Stipendium hilft uns enorm bei der Weiterentwicklung des Systems. Durch die Covid19-Pandemie sowie den Ukrainekrieg ist die Lage an den Zuliefermärkten sehr angespannt. Die Preise für die elektronischen Komponenten sind derzeit extrem volatil. Die Finanzspritze durch das Stipendium kommt daher genau zum richtigen Zeitpunkt.

 

 

Beschreibt doch mal für die Leser die Zielgruppe des FinoX?

 

Die Zielgruppe des FinoX sind Drohnenstaffeln von Feuerwehren und Katastrophenschutzeinheiten, aber auch Landkreise ohne Spezialeinheiten, aber mit regelmäßigen, großflächigen Vegetationsbränden. FinoX soll ein simples, schnell einzusetzendes System sein, welches sowohl für die erste Lageeinschätzung als auch für die Langzeitbeobachtung einsetzbar ist.

 

 

Zum Abschluss des Interviews werfen wir nochmal einen Blick in die Zukunft. Was sind die nächsten Schritte? Was sind eure weiteren Ziele mit der Idee?

 

Neben der Weiterentwicklung des UAV stehen Themen wie die Entwicklung einer benutzerfreundlichen Bedienoberfläche und die Vorbereitung der Zertifizierung auf der Tagesordnung. Vor allem aber wollen wir unsere Idee in der Fläche bekannt machen und im Rahmen von Übungen und Produktvorführungen die Vorteile des Systems aufzeigen.

 

Wir danken dem FinoX-Team ganz herzlich für die Einblicke! Wir sind gespannt, wie es mit dem Projekt weitergeht und freuen uns, euch auf eurem weiterem Weg ein Stück begleiten zu dürfen. 

Bildmaterial: David Rieck

Text: Julian Niedling