Im Juli 2020 wurde der dritte Female Founders Monitor (FFM) veröffentlicht und vorgestellt. Der FFM nimmt weibliche Startup-Gründungen in den Fokus. Als Basis dienen die Erhebungen des Deutschen Startup Monitors. Die Auswertung des Bundesverband Deutsche Startups e.V. wird unterstützt von Google for Startups.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die wirtschaftliche Bedeutung von Startups in den letzten Jahren ansteigt. Trotzdem stagniert der Anteil von gründenden Frauen auf einem konstant-niedrigen Niveau. Lediglich rund 15-16 % aller Gründer*innen waren in den vergangenen Jahren Frauen. Die reinen Männer-Gründerteams dominieren mit 69 % das aktuelle Gründungsgeschehen. Im Gegensatz hierzu sind nur knapp 11 % reine Frauenteams, die verbleibenden 20 % sind gemischte Gründungsteams. Die Ergebnisse lassen schnell einen Schluss zu: Hin zu wirklicher Diversität und Parität in der Startup-Welt ist es noch ein weiter Weg. Was sind die Hürden, die die Anzahl von Frauen gegründeter Startups stagnieren lassen?
*Vorweg eine kurze Definition des Begriffs „Startups“: Startups sind junge Unternehmen (max. 10 Jahre alt), die ein starkes Wachstum des Umsatzes oder der Anzahl der Mitarbeiter*innen haben und/oder deren Produkt oder Geschäftsmodell (hoch-)innovativ ist. Das heißt, Existenzgründungen oder Kleinstunternehmen fallen nicht unter diese Definition und sind im FFM nicht eingeschlossen.
Falsches Studium?
Eine erste Hürde scheint bereits in der Wahl der jeweiligen Ausbildung oder Studium zu liegen. Zwar haben bei beiden Geschlechtern die Gründer*innen jeweils rund 80 % einen Studienabschluss, doch unterscheidet sich die Verteilung der jeweiligen Fächer. Insbesondere bei den technischen Fachbereichen wie Informatik und Ingenieurwissenschaften, die im Startup-Sektor eine wichtige Rolle spielen, sind Gründerinnen deutlich in der Unterzahl. In den Bereichen der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie in den Naturwissenschaften liegt der Anteil der Gründerinnen über dem der Gründer. Die relative Verteilung bei den wirtschaftswissenschaftlichen Abschlüssen ist dabei nahezu identisch. Die Daten bestätigen die Problematik eines weiterhin bestehenden Gender-Gaps im Tech-Bereich. Dieser Gender-Gap spiegelt sich auch in den Ergebnissen zu den Branchen wider, in denen die Unternehmen gegründet werden. Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist eine der wichtigsten Startup-Branchen. Diese wird deutlich von männlichen Teams dominiert. In anderen Branchen, wie im Gesundheitswesen, sind hingegen Frauenteams stärker vertreten. Dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem individuellen Ausbildungsweg und der späteren Entscheidung, in welcher Branche ein Unternehmen gegründet wird, liegt dabei auf der Hand. Doch es gibt noch weitere Hürden, denen Gründerinnen eher begegnen, als ihre männlichen Mitstreiter.
Und zu wenig Kapital?
Zentral für den Erfolg eines jungen Unternehmens ist die Ausstattung mit dem erforderlichen Kapital. Auch hier tun sich deutliche Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Teams auf. Männliche Teams nehmen deutlich häufiger staatliche Fördermittel in Anspruch (41,5 %), als weibliche Teams (27,5 %). Gravierender wird der Unterschied aber bei externen Investments durch Business Angels (25,7 % der männlichen und 7,7 % der weiblichen Teams) und Venture Capital (17,6 % der männlichen und 1,6 % der weiblichen Teams). Entsprechend unterscheidet sich auch die Höhe des aufgenommenen Kapitals. Während mehr als ein Viertel der männlichen Teams die 1 Mio €-Marke knacken, schaffen dies nur rund 5 % der weiblichen Teams. Was genau die Ursache hierfür ist, lässt sich sicherlich nicht monokausal erklären. Zum einen spielen die Branchenschwerpunkte in die Höhe der Investments ein, zum anderen auch die individuelle Risikofreudigkeit der Gründer*innen. Laut einer Studie, die Venture-Capital Runden in New York analysierte, spielt zudem ein „gender bias“ eine wichtige Rolle bei Finanzierungsrunden. Die Fragen, die Frauen bei ihren Pitches gestellt werden, unterscheiden sich von denen, die Männern gestellt werden. Auch wird das Auftreten der Gründerinnen anders (und vor allem negativer) beurteilt als das von Männern. Doch auch vor dem Pitch tut sich schon ein weiteres Problem auf: Frauen schätzen ihre Möglichkeiten, Zugang zu Investor*innen und deren Netzwerk zu haben, deutlich schlechter ein als Männer (Wood Brooksa et al. 2014).
Ein Unternehmen mit Werten schaffen
Neben den formellen Unterschieden sollten wir auch die individuelle Motivation und Prioritäten der Gründer*innen im Auge behalten. Insbesondere in den Bereichen Green Economy und Social Entrepreneurship sind Frauen bereits stark vertreten. Der soziale und ökologische Impact ihres Unternehmens steht bei Frauen stärker im Vordergrund. In der Prioritätenliste der männlichen Gründer stehen hingegen die ökonomischen Ziele ihres Startups weiter vorn.
Eine der Hürden für Gründerinnen findet sich in der familiären Aufgabenverteilung. Im Durchschnitt sind Gründer*innen von Startups 35 Jahre alt, knapp die Hälfte ist im Alter von 30 bis 40 Jahren. Das heißt, die Unternehmensgründung fällt genau in das Alter, in dem auch die Familienplanung relevant ist. Die Ergebnisse des FFM zeigen, dass die (Un-)Vereinbarkeit von Familie und Unternehmensgründung für Gründerinnen ein deutliches Hindernis ist. Von den männlichen Befragten wurde dies weniger als ein persönliches Problem beurteilt.
Dieser kurze Überblick über die Ergebnisse des FFM ist lediglich eine Momentaufnahme, die einzelne Aspekte des Gründungsgeschehens in den Fokus nimmt. Doch auch dieses kurze Spotlight zeigt, dass strukturelle Unterschiede zwischen Gründerinnen und Gründern weiterhin bestehen. Monokausale Erklärungsversuche für die Unterschiede greifen zu kurz und würden die Vielschichtigkeit in der Differenz von männlichen und weiblichen Gründungen nicht berücksichtigen. Deutlich ist, dass in der weiteren Förderung von weiblichen Unternehmensgründungen noch viel zu tun ist. Sei es strukturelle Hürden abzubauen, wie die Vereinbarkeit von Selbstständigkeit, und Familie oder Netzwerke zu schaffen, die gezielt Frauen auf ihrem Gründungsweg begleiten.
Jetzt bist du dran!
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Quellen:
Hirschfeld, A.; Gilde, J.; Wöss, N. (2020): Female Founders Monitor. Bundesverband Deutsche Startups e.V.
Kanze, D.; Huang, L.; Conley, M. & Higgins, T. (2017): Male and Female Entrepreneurs Get Asked Different Questions by VCs – and It Affects How Much Funding They Get. Harvard Business Review.
Hassan, K.; Varadan, M. & Zeisberger, C. (2020): How the VC Pitch Process Is Failing Female Entrepreneurs. Harvard Business Review.
Bildmaterial: Unsplash
Text: Josephine Jung